Haushaltsrede der Fraktion

Auch dieses Jahr hat sich viel um Corona gedreht. Anders als letztes Jahr jedoch wurden diesmal die Haushaltsreden wie üblich von den Fraktionssprechern vorgelesen.

Für alle, die Zusammenfassung in den lokalen Zeitungen nicht genug ist und unser Original lesen wollen – hier ist die ungekürzte Haushaltsrede der Grünen von Weil am Rhein:

Guten Abend, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates und der Verwaltung,

auch dieser Haushalt ist geprägt durch die andauernde Coronapandemie.

Waren wir noch im Hochsommer der Hoffnung, dass wir die Pandemie im Herbst ad acta legen können, so hat uns die Realität schonungslos schnell wieder eingeholt. In diesem  Jahr haben auch wir selbst in Deutschland  die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Zwar hat  der Starkregen im Sommer in unserer Gemarkung zum Glück nur geringe Schäden angerichtet, aber dafür waren die Auswirkungen im  Ahrtal und an der Erft umso verheerender. Dies hat uns vor Augen geführt, dass wir unsere Anstrengungen weiter erhöhen müssen, um eine weitere Erderwärmung und somit den Klimawandel zu stoppen.

Wir können vor Ort einiges tun und haben es auch getan. Im  Bereich der Fernwärme sind wir gut unterwegs. Wir bauen sukzessive unser Netz aus. Im Bereich des Verkehrs gibt es noch viel zu tun. Auch wenn wir voraussichtlich die Verlängerung der Tramlinie 8 Richtung  Altweil in 2024 angehen können, so müssen wir den gesamten ÖPNV weiter ausbauen. Erfreulich ist die Anbindung des Bromenackers an die Linie 12, die wir Grüne schon mit der Inbetriebnahme der Tramlinie 8 interfraktionell gefordert  haben. Jedoch haben wir auch weiterhin Wohngebiete in Weil am Rhein, die den Vorgaben unseres Gesamtverkehrsplans noch nicht entsprechen d.h. wo die nächste Bushaltestelle mehr als 400 Meter von den Wohngebieten entfernt  ist.  Es ist unser Ziel allen Bürgerinnen und Bürgern eine fußnahe  ÖPNV-Anbindung zu gewährleisten.

Für den Radverkehr muss noch mehr getan werden. Einzig der  Ausbau des Fahrradweges an der Alten Straße ist als größeres Radinfrastrukturprojekt vorgesehen. Wir haben daher bei den Stadtwerken den  Antrag gestellt digitale Fahrradboxen in Haltingen, an der Dreiländerbrücke und an der S-Bahnhaltestelle Gartenstadt aufzustellen. Sie können einfach über eine  App angemietet und bezahlt werden. Neben der Erweiterung und Sanierung des Radwegenetzes gilt es die Diebstahlprävention zu erhöhen. Nach der Fertigstellung der Dreiländergalerie sollten zudem weitere Fahrradboxen am Weiler Bahnhof installiert werden. Diese Boxen helfen die hohe Zahl an Diebstählen hochwertiger Fahrräder einzudämmen. Wir Grüne haben bereits  2017 einen Antrag zu einem Konzept für Fahrradstationen gestellt. Wir bitten diesbezüglich um zügige Bearbeitung. Die Bürger wünschen sich endlich eine Lösung dieses Problems.

Um die Attraktivität des ÖPNV weiter zu erhöhen muss das mittelfristige Ziel sein, alle Haltestellen mit einem digitalen Fahrgastinformationssystem zu versehen. Die digitale Fahrgastinformation ist jetzt auf den Weg gebracht. Es werden nun sechs Haltstellen damit ausgerüstet. Wir Grüne sehen die Zukunft der Mobilität als Intermodalität d.h. die Nutzung verschiedener Verkehrsträger z.B. mit dem Fahrrad zum Bahnhof und anschließend die Fortsetzung der Reise mit der Bahn. Wenn wir die Umstiegsmöglichkeiten komfortabel gestalten, wird die Nutzung des eigenen PKW `s  zunehmend unattraktiv. Wenden wir konsequentes Parkraummanagement, Carsharing, Verbesserung des ÖPNV`S und des Radverkehrs in Weil am Rhein an, so ließen sich laut dem Klimaschutzteilkonzept „Mobilität“ der Stadt Weil am Rhein 34% der C02 Emissionen bis 2030 reduzieren. Sobald es uns gelingt  die ausgeschriebene Stelle des Mobilitätsmanagers zu besetzen, werden wir unsere  Klimaziele noch schneller umsetzen können.

Mehr Trockenphasen, mehr heiße Tage, mehr Starkregen! Eine Innenstadtentwicklung muss immer mit einer Qualifizierung der Freiflächen einhergehen. Bäume wirken der Hitzebelastung entgegen. Wir unterstützen natürlich auch weiterhin Baumpflanzaktionen, um  das Klima in der Stadt kontinuierlich zu verbessern. Dazu dient auch die Bestandssicherung, daher werden wir mittelfristig nochmals eine neue Baumschutzsatzung zu diskutieren haben.

Unsere Innenstadt muss weiter an Attraktivität gewinnen. Leider hat  hier Corona den Druck auf den Einzelhandel gegen die Konkurrenz aus dem Internet massiv beschleunigt. Machen wir die  Innenstadt zu einer  Erlebnisoase. Eine Fußgängerzone mit einem Mix aus Cafes und Gaststätten sowie einer Einkaufsmeile für Fachgeschäfte sollte das Ziel sein. Die Tram als zukünftiges interstädtisches Verkehrsmittel wird dazu ihren Beitrag leisten. Dazu kommen Fahrradstationen und Fahrradboxen an den Haltestellen. Die Innenstadt als Treffpunkt zum Verweilen und Kommunikationsaustausch in einem schönen  Ambiente unterstützt durch kurzweilige kulturelle Darbietungen, die vom Kulturamt organisiert werden, würde unsere Innenstadt enorm aufwerten.

Kommen wir zu einem weiteren Ziel, dass wir als Gemeinderat priorisiert haben, der „Schaffung vom bezahlbaren Wohnraum“. Es wird immer schwieriger für die Weiler Bürger eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Mieten sind in den letzten Jahren explodiert. Eine Wohnraumkaltmiete in Höhe von 6 Euro pro m², wie wir  sie teilweise noch bei der städtischen Wohnbau haben, ist auf dem freien Wohnungsmarkt nicht mehr zu bekommen. Es sind Kaltmieten von mindestens 12 Euro zu zahlen. Das hat vielseitige Gründe. Nach wie vor steigt die Bevölkerungszahl in Weil am Rhein, steigen die Grundstückspreise und Baukosten. Neubauwohnungen sind nicht mehr zu akzeptablen Mietpreisen auf dem Wohnungsmarkt  erhältlich. Das müssen wir ändern und zwar radikal. Wir Grünen schlagen  daher als eine Gegenmaßnahme das Ulmer Modell der „Baugrundbevorratung“ vor. Dort  kauft die Stadt alle Grundstücke eines neuen Baugebietes zu einem Preis der von dem Gutachterausschuss der Stadt festgelegt wird. Nur die Stadt verkauft dann die erschlossenen Grundstücke. Es können durchaus auch Erbbaurechte vergeben werden. Für diese Grundstücke gilt die Baupflicht und eine Rückkaufsklausel. Damit  können wir Bauland vor Spekulation schützen. In Ulm sind daher in den letzten Jahren die Grundstückspreise viel geringer gestiegen als in anderen Kommunen. Ich komme auch nochmals zurück auf das Erbbaurecht. Wir haben uns dem interfraktionellen  Antrag der SPD angeschlossen einen Kriterienkatalog für die Vergabe von Grundstücken in städtischer Hand in Erbbaurecht festzulegen. Wir können damit die Finanzierungkosten eines Hausbaus beträchtlich senken. Mit dem Erbbauzins erzielt die Stadt sichere Einnahmen und  verschafft den Bürgern  finanzierbaren Wohnraum.

Der jetzige Haushalt ist geprägt durch hohe Investitionen in Rathauserweiterung und Brandschutzsanierung  am Weiler Kantgymnasium. Schulsanierungen werden uns in Zukunft aber weiter beschäftigen. So fehlen Räumlichkeiten an der Gemeinschaftsschule und auch Sanierungen der Realschule und der Leopoldschule werden in Zukunft anstehen.

Schließlich ist die  Festhalle in Haltingen ein Thema, dass uns schon lange beschäftigt. Statt in eine bodenlose Sanierungsfalle zu geraten,  plädieren wir für einen Neubau. Diesbezüglich wäre zu prüfen, ob Synergieeffekte mit dem Bau einer Feuerwache Nord genutzt werden können. Wir brauchen für unsere Vereine und unsere Bürgerinnen und Bürger  eine zukunftstaugliche und attraktive Halle.

Im Ergebnishaushalt belastet uns eine Sonderabschreibung bei der Laguna, die pandemiebedingt hohe Ertragsausfälle zu verkraften hat. Wir alle hoffen, dass wir im Laufe  des Jahres 2022  zu mehr Normalität zurückkehren können.

Erfreulicherweise haben wir im Jahr 2021 mit einem sehr guten Ergebnis zu rechnen, so dass in 2022 keine Kreditaufnahme notwendig wird. Alles in allem gehen wir verhalten optimistisch in das neue Haushaltsjahr.

Wir bedanken uns bei Herrn Oberbürgermeister Wolfgang Dietz und der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit, den gut vorbereiteten Haushaltsberatungen in einem sehr schwierigen Haushaltsjahr und den guten Informationsfluss in der Coronazeit.

Meine Fraktion stimmt dem  vorgelegten Haushaltsentwurf und den Wirtschaftsplänen der Stadtwerke zu.

Für die Fraktion der Grünen in Weil am Rhein

Martin Fischer Fraktionssprecher